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Brückenbauer zwischen Energiewirtschaft und Kapital

9 Minuten Lesedauer

Akteure der Energiewende und Kapitalgeber brauchen einander. Das wissen beiden Seiten und doch finden sie nicht immer reibungslos zusammen. Deshalb sind Brückenbauer für den langfristigen Erfolg solcher Partnerschaften von entscheidender strategischer Bedeutung.

Physikalisch unterkomplex, aber dennoch wahr: Reibung erzeugt Hitze. Gelingt es, Wärme aufzufangen und zu speichern, ist das Ergebnis energiepositiv. Gelingt es nicht, erleben wir das, was allgemeinhin als Reibungsverlust bezeichnet wird. 

Warum dieser kleine Exkurs in das 1x1 der Physik?

Im Rahmen der Energiewende, einer der kapitalintensivsten Herausforderungen der Gegenwart, kommt es zur Reibung – unter Anderem dann, wenn die Treiber der Energiewende auf Akteure des Kapitalmarkts treffen.“

Thomas Dorn Principal

Zusammenbringen, was zwingend zusammengehört

Zunächst einmal: Die Energiewende kann ohne entsprechende Investments schlicht nicht funktionieren. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) rechnet in seinem aktuellen Fortschrittsmonitor 2024 beispielsweise mit einem Investitionsbedarf von über 721 Milliarden Euro bis 2030, bis 2035 sogar mit 1,2 Billionen Euro – alleine in Deutschland. Davon müssen 353 Milliarden Euro, etwa 49 Prozent, in den Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung fließen, stellt die Unternehmensberatung EY  fest, die den Fortschrittsmonitor mit dem BDEW erstellt hat. 

Natürlich beteiligt sich auch der Bund mit Investitionen und Förderprogrammen an dieser finanziellen Mammutaufgabe. Derart hohe Summen unterstreichen allerdings, dass es ohne den Einbezug des Kapitalmarktes nicht gelingen kann. 

Alleine deshalb müssen die Akteure der Energiewende – darunter Hersteller, Projektentwickler, Energieversorger, aber auch viele junge, dynamische, innovative Startups – zwangsläufig einen Zugang zu Investoren finden. Dies können Fondsgesellschaften, Versicherer oder klassisches Venture Capital und Private Equity sein. Umgekehrt haben Investoren heutzutage ein großes Interesse und auch regulatorische Pflichten, ihre Portfolios zu dekarbonisieren, was die Energiewende mit ihren Hauptakteuren zu einem noch interessanteren Investitionsziel macht. Scheinbar ein „perfect match“, oft jedoch nur scheinbar, denn viele Partnerschaften verlaufen nicht so reibungslos, wie es unter diesen Voraussetzungen erwartet werden könnte.

 

Der Ursprung der Reibung

Dass bei diesem „perfect match“ überhaupt Reibung entsteht, liegt daran, dass auf beiden Seiten oftmals nicht nur ein großer kultureller Unterschied besteht, sondern auch die Ziele in Teilen unterschiedlicher nicht sein können. Natürlich, am Ende des Tages wollen beide Seiten auf eine erfolgreiche Unternehmung blicken, die im Idealfall binnen kürzester Zeit auch profitabel wirtschaftet. Allerdings stehen für die Gestalter der Energiewende Faktoren wie eine nachhaltige Stromversorgung, eine korrekte Allokation von Investitionen in Erzeugung und Netze sowie der wertschöpfende Portfolioausbau im Fokus – abseits der frühen Positionierung in aufkommenden Geschäftsmodellen eines „Post-EEG-Zeitalters“. Demgegenüber stehen die Kapitalgeber mit einem klaren Blick auf den Return-on-Invest, womöglich auch in einem vordefiniertem Zeitrahmen. Das heißt, diese Partei fokussiert sich eher auf klare Umsatzprognosen, sichere Märkte, aber eben auch auf schnelles Wachstum und womöglich einen ebenso schnellen Exit. 

Gerade wenn die Gestalter der Energiewende noch nicht börsennotiert sind, passen aus Sicht der Kapitalgeber auch die Reportinganforderungen noch nicht. Und dann kostet eben auch das stark regulierte Marktumfeld im Energiesektor das eine oder andere „Lehrgeld“. Die Besonderheiten der "German Bureaucracy", die gerade im Energiesektor zum Teil spezielle Auswüchse annimmt, werden vor allem ausländische Investoren sehr schnell zu spüren bekommen. 

Wobei oftmals kulturelle Unterschiede Auslöser für Reibung sein können, die im Spannungsfeld von Nachhaltigkeit und Profitstreben logischerweise aufeinandertreffen – sei es im Diskussionsstil, Sprachsystemen und Zielerwartungen – und dennoch zueinanderfinden müssen.

 

Brückenbauer gefragt

Nun muss an dieser Stelle gesagt sein, dass Reibung per se nichts Negatives ist. Um auf der physikalischen Ebene zu bleiben, gilt es „nur“ die so entstehende Wärme auch zu nutzen. Im Fall des Zusammenwachsens von Investoren und Akteuren der Energiewende ist es zum Glück vergleichsweise einfach zu lösen: Nämlich in Form von Brückenbauern. 

Um einen Reibungsverlust in dieser Phase der Annährung zwischen Kapitalgeber und Beteiligung zu vermeiden, gilt es, die richtigen Menschen in die Unternehmung zu bringen, die es schaffen, Ansprüche, Erwartung und Kultur beider Seiten ideal miteinander zu verbinden. Wir sprechen hier über eben jene Brückenbauer, die ein grundlegendes Verständnis für die teilweise gegensätzlichen Fliehkräfte aufbringen und trotzdem die „Statik“ des Gesamtkonstrukts im Auge behalten können. 

 

Die passenden Fähigkeiten im Blick 

Was müssen solche Brückenbauer können? Wichtig ist, dass Menschen in diesen Schlüsselpositionen für beiden Seiten klar definierte und realistische Möglichkeiten und Ziele erarbeiten, in welchem Umfang diese umgesetzt werden können und müssen. 

Denn nur, wenn hier Einigkeit herrscht und die Marschrichtung klar ist, kann sich ein Zusammenschluss von Energiepionieren und Kapitalgebern auf einen konstruktiven Weg machen. Mit der Vermittlungs- und Übersetzungs-Arbeit, der Anleitung, Führung und Sicherheitsvermittlung gegenüber der Organisation beginnt nach diesem Sprint der eigentliche Marathon.

Thomas Dorn Principal

Reibung wird auch im Verlauf der Zusammenarbeit immer wieder entstehen. Es gilt, die entstehende Hitze in die richtigen Bahnen zu lenken, um den langfristigen Erfolg mit größtmöglicher Transparenz zu sichern.

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