Die Künstliche Intelligenz (KI) ist in unser aller Leben angekommen und sorgt für eine Bandbreite an Veränderungen. Darauf müssen Unternehmen reagieren. Insbesondere auf Vorstandsebene muss die Verantwortung für diese neue Technologie strategisch und verantwortungsvoll geregelt werden. Dabei gilt es, den Einfluss von KI auf unterschiedliche Rollen im Unternehmen zu antizipieren.
Ein Produktivitätssprung, der dem der industriellen Revolution nahekommt, steht bevor: Laut einem Report von McKinsey Global Institute Ende Mai zufolge könnte ein schneller Einsatz von (generativer) Künstlicher Intelligenz zu einem Produktivitätswachstum von bis zu drei Prozent pro Jahr führen. Voraussetzung dafür ist, dass bis 2030 in allen Berufsbildern bis zu 27 Prozent der einzelnen Tätigkeiten verändert werden. In Deutschland wären davon drei Millionen Jobs betroffen, was sieben Prozent der Beschäftigten entspricht.
Diese gravierenden Umwälzungen werden vor allem von den Belegschaften mit Sorge und Skepsis aufgenommen, sind jedoch zumindest innerhalb der Führungsetagen bereits in vollem Gange. Dort entstehen immer mehr C-Level-Positionen, bei denen das Kürzel “AI“ für “Artificial Intelligence“ in die Positionsbeschreibungen Einzug hält. Dies läutet die Transformation zumindest auf strategischer Ebene ein.
Generalisten versus Spezialisten
Wie Unternehmen die KI strategisch einbinden, kann ganz unterschiedlich ausfallen. Ein klassischer Ansatz ist die Schaffung eines neuen Vorstandsressorts und die Suche nach einem Chief AI Officer, der oder die für eine unternehmensweite KI-Strategie zuständig ist. Dieses Vorgehen macht besonders Sinn, wenn KI über verschiedene Divisionen hinweg erheblichen Einfluss auf Prozesse und Produkte haben wird.
Wer jetzt sagt: „Diesen Einfluss wird die KI langfristig doch aber ganz sicher haben“, hat vermutlich recht. Dennoch kann es je nach Unternehmen, Branche und Geschäftstätigkeit sinnvoll sein, die KI langsam und sukzessive in den verschiedenen Abteilungen einzuführen. Die zugrundeliegenden Transformationsprozesse sind nicht zu unterschätzen, weshalb eine 180-Grad-Wendung – sollte man sich für einen für das Unternehmen falschen Umgang mit KI entschieden haben – selten empfehlenswert ist.
Wie das Handelsblatt über den AI Index Report der Standford Universität kürzlich berichtete, ist KI in jedem fünften Unternehmen nicht in einem Ressort verankert. In ebenfalls jedem fünften Unternehmen liegt die Gesamtverantwortung in der ersten Führungsebene gemeinschaftlich. In drei von fünf Unternehmen hingegen wird die Verantwortung einem konkreten Ressort zugewiesen. Die Hälfte dieser Unternehmen sieht das Thema beim CTO oder CIO. In 40 Prozent der Fälle ist es direkt dem CEO zugeordnet und in circa jedem zehnten Unternehmen ist das Thema beim CFO angesiedelt. Markus Trost, Leiter der Practice-Gruppe Technologie, CIO Office und Business & Professional Services für den DACH Raum von Odgers Berndtson, kommentiert die Daten wie folgt:
Ferner unterstreichen die Zahlen, dass eine intensive Auseinandersetzung mit der KI als strategisches Element der Unternehmensführung auch ergeben kann, dass aktuell (noch) nicht den CAIDO, sondern eher den CMDAIO, den CFAIO oder vielleicht sogar zunächst einmal den CDO braucht.
Viele Kürzel entstehen aktuell
Für alle, die sich innerhalb der neuen Vorstandskürzel noch zurechtfinden müssen: Gemeint sind der Chief Marketing Data & AI Officer, der Chief Finance AI Officer und der Chief Data Officer. Je nachdem, welche der Positionen ein Unternehmen besetzen will, deuten die auf einen jeweils ganz unterschiedlichen Umgang mit KI, respektive einen unterschiedlichen Digitalisierungsgrad, hin.
Denn auch das ist die Wahrheit: ohne Daten keine KI. Sie sind die Basis für den erfolgreichen Einsatz der neuen Technologie in Unternehmen. Nicht überall liegen sie in der benötigten strukturierten Art und Weise vor, damit die KI einen Mehrwert generieren kann. Sich zunächst für einen Chief Data Officer zu entscheiden, ist demnach für manche Unternehmen eine kluge Entscheidung, um heute die Grundlagen für einen erfolgreichen Einsatz von KI-Lösungen für morgen zu schaffen. Diesen strategischen Schritt erleben wir derzeit häufig bei Unternehmen, für die KI Einsparungen bei internen Prozessen im Zentrum stehen, wie etwa bei Finanzinstituten. Zudem ist das Potential groß, die KI zur Betrugsbekämpfung oder in der Compliance einzusetzen – wenn die Datenbasis stimmt. Perspektivisch kann die Position des CDO natürlich auch zu einem CAIDO ausgebaut werden, wenn die Kompetenzen des jeweiligen Kandidaten oder der jeweiligen Kandidatin die Erweiterung zulassen.
Chancen von KI im Kundenkontakt
Ein weiterer Grund, warum immer mehr Unternehmen das Vorstandsressort Marketing um das Kürzel AI erweitern und eng an Sales koppeln, liegt auf der Hand. Große Digitalunternehmen wie Klarna oder Zalando haben ihre Marketingaktivitäten, durch die Nutzung des Automatisierungspotentials, stark in Richtung KI ausgerichtet. Damit ist die Rolle des Chief Marketing Officers eng an das Thema Daten und KI gekoppelt.
Das Automatisierungspotential ist auch im Finanzressort immens – unabhängig von der Branche, in der ein Unternehmen aktiv ist. Deshalb beginnen auch hier Unternehmen Ausschau zu halten nach einem Chief Financial & AI Officer, also jemandem, der oder die es versteht, in der Buchhaltung, dem Rechnungswesen und Controlling KI-Lösungen sinnvoll zu implementieren, um erstens zu automatisieren und zweitens die vorhandenen Daten besser für Forecasts und Predictive Analytics zu nutzen. Ressourcen im Finanzwesen sollen perspektivisch für den wertschaffenden Dialog mit dem Business eingesetzt werden – und nicht für das Numbercrunching. Das gilt umso mehr, wenn der Einkauf einen hohen Stellenwert im Unternehmen hat oder die Abhängigkeit von (reibungslos funktionierenden) Lieferketten besonders hoch ist. Hier kann die KI, richtig eingesetzt, wichtige Impulse liefern.
Fazit
Kurz gesagt: Das Thema Daten und AI findet – je nach Schwerpunkt der Use Cases – seinen Eingang in unterschiedliche strategische Führungsrollen und gesellt sich zu anderen Kompetenzen wie Marketing oder Vertrieb. Markus Trost kommentiert: